Mein Tag in Zeiten von Corona - 9

08.06.2020

Der Artikel mit Wibke Poth ist von Mai.

Ich weiß noch genau, wie wir in meinem Büro im Schulministerium standen und ein Kollege sagte: „Nimm mal lieber alles mit, was du brauchst. Hier dürfen wir bestimmt morgen nicht mehr rein.“ Das muss irgendwann Mitte März gewesen sein.

Wibke Poth

Wibke Poth

Ganz genau so ist es nicht gekommen – das Büro war jederzeit offen. Aber tatsächlich verlegten von heute auf morgen fast alle ihren Arbeitsplatz an den heimischen Schreibtisch. Auch ich tat dies. Ich muss an dieser Stelle zugeben, dass ich etwas besitze, was sehr viele, die in Schule arbeiten, nicht haben, und was diesen Schritt ungemein erleichterte: einen dienstlichen Computer mit VPN-Zugang. Ich weiß, dass ich in dieser Beziehung privilegiert bin, und viele andere mit ihren privaten Geräten
arbeiten müssen.

Von diesem Tag an ging es mir wie vielen anderen. Es war seltsam, als alle Termine nach und nach aus dem Kalender verschwanden, und meine Arbeit von heute auf morgen ausschließlich via Computer und Telefon stattfand. Personalratsarbeit ist neben der Arbeit am Schreibtisch, die immer auch dazu gehört, eine Arbeit, bei der ich oft in Verbindung mit Menschen bin: das Hauptpersonalratsgremium, Lehrerinnen und Lehrer – in Einzelberatung oder bei Personalversammlungen –, die Mitarbeiter/-innen im Ministerium. Eines lässt sich nach einigen Wochen der Kommunikation per Mail und Telefon sagen: Sie ist ungemein hilfreich, kann aber den persönlichen Kontakt auf Dauer nicht ersetzen. Diese Erfahrung können sicher viele bestätigen.

Das Gleiche gilt für die Personalratssitzungen. Informationen, Tabellen, Berichte lassen sich leicht per Mail verteilen und zur Kenntnis geben, auch Abstimmungen lassen sich im Umlaufverfahren durchführen und führen zu transparenten und nachvollziehbaren Ergebnissen. Aber was ist, wenn es um Nuancen bei der Formulierung einer Stellungnahme geht, wenn nicht nur harte Fakten zählen, sondern auch Tendenzen und feine Nuancen, was ist, wenn unterschiedliche Sichtweisen aufeinanderprallen und diskutiert werden müssen und sollten?

Oft führt erst die Diskussion zu einem abgestimmten Ergebnis, bei dem sich alle mitgenommen fühlen oder zumindest wissen, dass ihre Meinung gehört und wahrgenommen wurde.

Mein Fazit: In dieser Ausnahmesituation mussten alle von heute auf morgen improvisieren, auch wir Personalräte. Wir haben Chancen und Grenzen der digitalen Kommunikation erlebt und die persönlichen Begegnungen schätzen gelernt.
Aber: Digitale Kommunikation kann nur funktionieren, wenn alle mit den erforderlichen Werkzeugen ausgestattet sind. Ich hatte das Glück, dass dies bei mir der Fall ist.
Die meisten Personalräte, Lehrerinnen und Lehrer, Schulleiterinnen und Schulleiter müssen ihre dienstliche Arbeit mit ihren privaten Geräten erledigen und dabei den Anforderungen des Datenschutzes gerecht werden. Ich werde mich dafür einsetzen, dass sich dies ändert.

Können wir noch andere Lehren aus dieser Krise ziehen? Das ist zum jetzigen Zeitpunkt schwer zu sagen. Vieles wird auch erst im Rückblick zu beurteilen sein.
Klar ist: Eine starke Personalvertretung auf allen Stufen ist unabdingbar. Die Beschränkungen durch das Virus dürfen nicht dazu führen, dass Mitbestimmung gelähmt oder ausgesetzt wird. Nach meiner Beobachtung waren die Personalräte auf allen Stufen trotz der schwierigen Umstände aktiv und handlungsfähig und haben die Interessen aller Beschäftigten engagiert vertreten.

Das ist richtig – wichtig!

Wibke Poth,
Vorsitzende Hauptpersonalrat Grundschule,
stellv. Landesvorsitzende VBE NRW

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