Leitlinien für Personalmaßnahmen bei der Auflösung von Hauptschulen durchgesetzt

13.03.2012
Die Lehrergewerkschaften GEW und VBE sowie der Hauptpersonalrat Hauptschule (HPR) freuen sich darüber, dass nach langem Ringen endlich ein Konzept vorliegt, wie mit der Personalsituation an Hauptschulen umgegangen werden soll, die wegen sinkender Anmeldezahlen auslaufen müssen.

Die Lehrergewerkschaften GEW und VBE sowie der Hauptpersonalrat Hauptschule (HPR) freuen sich darüber, dass nach langem Ringen endlich ein Konzept vorliegt, wie mit der Personalsituation an Hauptschulen umgegangen werden soll, die wegen sinkender Anmeldezahlen auslaufen müssen.

Anlass für unsere Sorgen war die Entwicklung der vergangenen Monate: Wegen der geringeren Elternnachfrage und der Gründung von Gemeinschafts- und Sekundarschulen wird es in den nächsten Jahren vermehrt zu Schließungen von Hauptschulen kommen. Die Situation der Beschäftigten schien dabei nachrangig zu sein. GEW und VBE haben sich mit diesem Problem an das Ministerium gewandt: Die Ministerin sollte ein Personalkonzept entwickeln, damit für die betroffenen Pädagoginnen und Pädagogen verlässliche und klare Perspektiven gegeben sind. In gleicher Weise hat sich der Hauptpersonalrat Hauptschule, der mehrheitlich von beiden Gewerkschaften getragen wird, an das Ministerium gewandt.

Nachdem das Schulministerium lange Zeit den Vorschlägen der Beteiligten mit Zurückhaltung begegnet ist, war der Druck jetzt offenbar zu groß geworden. Das Ministerium hat die Vorsitzenden der GEW, des VBE und des HPR zu einem vertraulichen Gespräch eingeladen und ein Konzept auf der Basis der Vorschläge der drei Beteiligten vorgelegt. In diesem Gespräch wurden die einzelnen Punkte diskutiert, Veränderungswünsche vorgetragen und in ein abschließendes Konzept eingebracht. Dieses Konzept ist den Schulen kürzlich per Schulmail zugegangen.

Wir sind sehr froh darüber, dass unsere konkreten Vorschläge aufgenommen worden sind, auch wenn es weitergehende gewerkschaftliche Forderungen gibt.
GEW und VBE haben in dieser Frage – trotz anstehender Personalratswahlen – die gewerkschaftliche Konkurrenzsituation zurückgestellt, um für die Beschäftigen gemeinsam das Bestmögliche zu erreichen. Dies ist uns nach unserer Auffassung mit dem vorliegenden Papier gelungen: Es gibt einheitliche Eckpunkte vor, in deren Rahmen die Bezirksregierungen und die Personalvertretungen sozialverträgliche Lösungen für die Beschäftigten, bezogen auf die regionale Situation, finden können.

Dorothea Schäfer Vorsitzende GEW NRW
Udo Beckmann Vorsitzender VBE NRW
Hans-Wilhelm Bernhard  Vorsitzender HPR H

 

Die Leitlinien sind am 12.03.2012 vom Ministerium für Schule und Weiterbildung NRW allen öffentlichen Hauptschulen per Schulmail bekanntgegeben worden.  Darüber hinaus finden Sie die Leitlinien auch auf den Seiten des MSW im Bildungsportal sowohl unter der Rubrik "Dienstrecht" als auch unter "Im Kontext" in der Rubrik "Hauptschule".

Ausgangslage

Hauptschulen erfüllen die wichtige bildungspolitische Aufgabe, ihren Schülerinnen und Schülern eine grundlegende allgemeine Bildung zu vermitteln, die ihnen den Zugang zu weiteren Bildungswegen eröffnet.

Aufgrund der demographischen Entwicklung und eines geänderten Schulwahlverhaltens von Eltern ist der Anteil der Hauptschülerinnen und -schüler in der Sekundarstufe I seit 2003 kontinuierlich zurückgegangen –
von 291.000 (2003) auf 188.000 (2010). Nach den aktuellen Prognosen wird sich diese Entwicklung in den kommenden Jahren fortsetzen.

Um eine Weiterentwicklung der nordrhein-westfälischen Schulstruktur als Reaktion auf die veränderte Lebenswirklichkeit zu erleichtern, ist auf der Grundlage der Empfehlungen der Bildungskonferenz und des schulpolitischen Konsenses der Koalitionsfraktionen und der Fraktion der CDU vom 19.7.2011 die Verfassungsgarantie für die Hauptschule entfallen und durch das 6. Schulrechtsänderungsgesetz die Sekundarschule als neue Schulform der Sekundarstufe I neben Hauptschule, Realschule, Gesamtschule und Gymnasium getreten. Dabei ist ausdrücklich darauf hingewiesen worden, dass von Landesseite keine Schulform abgeschafft wird.
Die Landesregierung geht davon aus, dass in den kommenden drei Jahren bis zum Ende der Legislaturperiode rd. 200 neue Sekundarschulen errichtet werden. Dieser Prozess wird einhergehen mit der gleichzeitigen Verringerung der Zahl der Hauptschulen (Errichtung von Sekundarschulen, Auslaufen/Schließung mangels ausreichender Schülerzahl). Dennoch wird es in den nächsten Jahren weiterhin Hauptschulen in nennenswerter Anzahl geben.

Die folgenden Verfahrenshinweise und Grundsätze, die bei der Auflösung von Schulen zu beachten sind, stellen auf der Basis der geltenden rechtlichen Regelungen einen Orientierungsrahmen für die betroffenen Lehrkräfte dar und sollen eine sozialverträgliche Gestaltung des Veränderungsprozesses gewährleisten. In diesem Zusammenhang wird auch zu berücksichtigen sein, dass die Hauptschule den mit Abstand höchsten Altersdurchschnitt bei den Lehrkräften aufweist.

1. Frühzeitige Information, Stufenplan

Über Schließungs-, Zusammenlegungs- und Neugründungspläne des Schulträgers sind die betroffenen Beschäftigten frühzeitig zu unterrichten. Die Bezirksregierung stellt die frühzeitige gleichstellungsrechtliche Beteiligung sicher (§§ 17, 18 LGG) und informiert auch den zuständigen Personalrat und die Schwerbehindertenvertretung.
Für das Auslaufen der Einzelschule ist ein Stufenplan zu erstellen, aus dem sich in zeitlicher Hinsicht als auch unter Bedarfsgesichtspunkten der Veränderungsprozess ergibt. Der Stufenplan ist regelmäßig zu überprüfen und ggf. an aktuelle Entwicklungen anzupassen.
Lehrkräfte, Eltern sowie Schülerinnen und Schüler sollen in regelmäßigen Abständen über den Entwicklungsstand der Schule auf der Basis einer gemeinsam verantworteten „Sprachregelung“ von Schulträger, Schulaufsicht und Schulleitung informiert werden.

2. Qualitätssicherung an der auslaufenden Hauptschule

Von besonderer Bedeutung sind die Sicherung der Unterrichtsqualität sowie eine geordnete Unterrichtsorganisation an der auslaufenden Schule.
Ummeldungen von Schülerinnen und Schülern an andere Schulen sollen nach Möglichkeit vermieden werden. Auch die Kooperation mit anderen Schulen zur Sicherung des Fächerbedarfs ist in Betracht zu ziehen.

3. Personalmaßnahmen

Lehrkräfte, die von schulorganisatorischen Maßnahmen betroffen sind und zur Unterrichtsversorgung an ihrer Schule nicht mehr benötigt werden, werden in der Regel an eine andere Schule versetzt oder abgeordnet; auch Teilabordnungen oder Versetzungen mit teilweiser Rückabordnung sind möglich.
Als aufnehmende Schule kommt sowohl eine neu gegründete Schule (in der Regel Sekundarschule oder Gesamtschule) als auch eine andere Schule derselben oder einer anderen Schulform in Betracht.
Bei den beabsichtigten Personalmaßnahmen sind folgende Grundsätze zu beachten:

· Die Beratung der Lehrkräfte über ihre weiteren beruflichen Perspektiven obliegt den örtlichen Schulaufsichtsbeamtinnen und -beamten. Diese sind Ansprechpersonen für die betroffenen Lehrkräfte. Die Zuständigkeit der Bezirksregierung in dienstrechtlichen Fragen, insbesondere im Rahmen der Koordinierung zwischen den Schulformen, bleibt unberührt.

· Die Versetzungswünsche der Lehrkräfte sind zu erfassen. Dabei gilt das Prinzip „Versetzung vor Einstellung“, d. h. bei den Versetzungskonferenzen werden die Anträge der Lehrkräfte an auslaufenden Schulen zeitlich zuerst geprüft und entschieden. Ihre Versetzungswünsche sollen im Rahmen des Möglichen berücksichtigt werden. Letztlich wird über Versetzungsanträge im Rahmen einer Interessenabwägung zwischen den persönlichen Interessen der Lehrkraft und den dienstlichen Interessen an der Sicherung der Unterrichtsversorgung an der abgebenden und aufnehmenden Schule entschieden.

· Auch denjenigen Beschäftigten, die bis zum Schließungszeitpunkt an einer Schule verbleiben, ist rechtzeitig Planungssicherheit zu gewähren, z.B. durch vorausplanende Versetzung bei gleichzeitiger Rückabordnung.

· Sozialpädagogische Fachkräfte, Lehrkräfte mit der Befähigung für das Lehramt Primarstufe, Werkstatt- und Fachlehrerinnen und –lehrer, Lehrkräfte für herkunftsprachlichen Unterricht sowie Seiteneinsteigerinnen und -einsteiger mit Pädagogischer Einführung benötigen vor dem Hintergrund ihrer spezifischen Ausbildung besondere Beratung für ihre weitere Beschäftigung. Es müssen sozialverträgliche Lösungen gefunden werden.

· Lehrkräften an Hauptschulen ist die Möglichkeit der Bewerbung auf Stellen des ersten Beförderungsamtes der Besoldungsgruppe A 13 bzw. Entgeltgruppe 13 nach TV-L (gehobener Dienst) auch an anderen Schulformen zu eröffnen, sofern sie hierfür die erforderliche Lehramtsbefähigung besitzen. Darüber hinaus haben Lehrkräfte mit der entsprechenden Lehramtsbefähigung die Möglichkeit der Bewerbung auf ausgeschriebene Stellen für den Laufbahnwechsel (www.oliver.nrw.de).

· Lehrkräfte, die von der Schließung, Zusammenlegung oder Neugründung von Schulen betroffen sind, werden auf die veränderten Anforderungen der neuen Schulform oder Arbeitssituation vorbereitet. Für Lehrkräfte, die an andere Schulformen wechseln und nicht über die Lehrbefähigung für die nachgefragten Fächer verfügen, gilt der Runderlass
vom 27.4.2004 (BASS 20-22 Nr. 8).

4. Schulleitungen

Für Schulleiterinnen und Schulleiter auslaufender Schulen kommt sowohl die Bewerbung auf eine ausgeschriebene Schulleiterstelle als auch die Versetzung an eine andere Schule in Frage.
Die Besetzung einer höherwertigen Schulleiterstelle erfolgt im Wege der Ausschreibung und der Auswahl unter den Bewerberinnen und Bewerbern nach dem Prinzip der Bestenauslese. Dabei ist auch die bisherige Schulleitungserfahrung zu berücksichtigen.
Eine rechtsgleiche Versetzung ohne Stellenausschreibung ist möglich, wenn die zu besetzende Schulleiterstelle derselben Besoldungsgruppe angehört wie das bisherige Amt, also nicht mit einer Beförderung verbunden
ist. Dies folgt aus dem beamten- und verfassungsrechtlich abgesicherten Grundsatz der amtsangemessenen Beschäftigung, der die Inanspruchnahme von Funktionsstellen durch die Schulaufsicht auch ohne vorherige Ausschreibung zulässt.
Die Planungen für die Bewertung der Ämter an Sekundarschulen sehen u. a. funktionsgebundene Stellen der BesGr A 13 und A 14 für die Koordination, die Abteilungsleitung sowie die didaktische Leitung vor. Falls der Landtag das Landesbesoldungsgesetz entsprechend ergänzt, besteht hier perspektivisch ebenfalls die Möglichkeit einer amtsangemessenen Verwendung für Rektorinnen und Rektoren, Konrektorinnen und Konrektoren
sowie für A 13-Lehrkräfte.

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